Eine kleine Fibel „Gemeinderat“, Teil 3: Die besten Antworten auf Floskeln

Bereits im zweiten Teil meiner nicht immer ernst gemeinten Betrachtungen zur Kommunalpolitik im Allgemeinen und zu Gemeindesratssitzungen im Speziellen habe ich am Beispiel des inflationär gebrauchten Satzes „Es geht doch um die Sache.“ versucht zu erklären, dass der „doppelte Boden“ (Ich mag den Begriff „Captain Subtext) einer Wortmeldung sehr häufig das Gegenteil bedeutet.

Kaum etwas ist so gemeint, wie gesagt – wie aufschlussreich wäre manches Wortduell in einer Sitzung, wenn der Angesprochene direkt auf „Captain Subtext“ antworten würde und nicht auf das, was der geneigte Politinteressierte hört. Ein paar Beispiele:

(Version 1) DAS IST PARTEIPOLITISCH MOTIVIERT.

Mögliche Antwort: Hä? Dass ich für den neuen Kindergarten bin, ist parteipolitisch motiviert? Nein, ist es nicht, es ist Vatermotiviert. Abgesehen davon, dass ich ja auch nicht einfach des Spaßes wegen in einer Partei bin, sondern weil ich deren Grundprinzipien teile. Ich weiß, Sie mögen das nur bei sich, aber nicht bei mir.

(Version 2, in einer kleinen Oberpfälzer Kleinstadt sehr gerne vom 1. Bürgermeister als Totschlagargument genutzt): DAS IST POLITISCH MOTIVIERT!

Ehrliche Antwort: Oh ja, das ist es. Genau deshalb sitze ich stundenlang im Stadtrat, anstatt mit meinen Kumpels in der Kneipe den Abend zu genießen. Oder noch besser: mit der Familie zu grillen.

JETZT MAL GANZ EHRLICH:

Antwort: Oh, wir beide wissen doch ganz genau, dass wir für eine Wählerstimme und eine Schlagzeile zusätzlich unsere eigene Großmutter verkaufen würden. Ganz ehrlich.

LASSEN SIE UNS DOCH SACHLICH BLEIBEN!

Antwort: Jetzt werden Sie nicht albern. Und mit Verlaub: Jeder angeblich sachliche Satz von Ihnen verhindert, dass ich sachlich bleibe.

WIR SIND ZUALLERERST UNSEREN BÜRGERN VERPFLICHTET.

Antwort: Mit diesem Argument kommen Sie immer dann, wenn ein Bekannter von Ihnen eine Ausnahmegenehmigung benötigt. Aber natürlich gebe ich Ihnen Recht, ich habe schließlich auch Bekannte.

ES IST UNSERE MORALISCHE VERPFLICHTUNG.

Antwort: Wirklich? Ich persönlich finde ja eher, es ist eine Frage der Perspektive. Und wenn die „Moral“ und meist im Schlepptau noch die „Wahrheit“ ins Spiel gebracht werden, wird mir immer ganz schwummerig angesichts der eigenen Fehlerhaftigkeit. Ich gehe dann anschließend immer in die Beichte. Ganz ehrlich.

DIE LEUTE SAGEN.

Antwort: Ach, diese Leute kennen Sie auch? Also genau den einen, der immer was sagt, weil er ein Dauernörgler ist oder weil es um seine eigenen Interessen geht? Was, bei Ihnen sind „die Leute“ sogar zwei? Hoffentlich wird’s es kein Mob, der auf die Straße geht.

MAN IST AN MICH HERANGETRETEN.

Antwort: Sind das schon wieder „die Leute“?

WIR MÜSSEN UNBEDINGT SPAREN.

Antwort: Genau: Und deshalb nehmen wir auch bei der nächsten Ausschreibung für den Bau des Kindergartens das billigste Angebot. Dass wir immer wieder drauflegen müssen und am Ende am meisten zahlen, daran erinnert sich glücklicherweise dann keiner mehr.

WIR HOLEN UNS EINE EXPERTENMEINUNG.

Antwort: Finde ich gut. Schließlich müssen die vielen Gutachter, Consultants, PR-Berater, Agenturen, Rechtsanwälte, Architekten etc. auch von was leben und ihren Urlaub auf den Bahamas planen.

ALS FAMILIENFREUNDLICH UND UMWELTFREUNDLICH AUSGEZEICHNETE KOMMUNE …

Antwort: Es wäre auch blöd, wenn wir die einzige Gemeinde im Umkreis von 100 Kilometer wären, die in den vergangenen fünf Jahren nicht ausgezeichnet worden wäre. Zum Glück kommen alle mal dran – sollte es uns zu denken geben, dass dies beim jährlich verliehenen Comedy-Fernsehpreis genauso ist?

KEINE WORTMELDUNGEN MEHR? GUT; DANN SCHLIESSE ICH DIE SITZUNG:

Antwort: Natürlich habe ich noch eine Menge zu sagen. Aber das lesen Sie in unserer nächsten Pressemeldung.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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