Wenn man nicht mehr raus darf…. (Pandemie-Beobachtungen, Teil 1)

Eigentlich habe ich mir vorgenommen, über das Thema „COVID 19, Corona, Pandemie“ nichts zu schreiben. Allzu viel Angst, Aggression und Hass wird hier im Januar 2021 laut, es scheint nichts mehr anderes die Schlagzeilen der Medien und die Sozialen Netzwerke zu bestimmen. Und dennoch: Es gibt trotz oder gerade wegen des Lockdowns skurrile Beobachtungen und Gedanken, die einem vorlauten Mundwerk genügend Stoff geben.

Zum Beispiel diese Video-Konferenzen, die das digitale Zeitalter vorantreiben sollen. Zoom, Teams, Mebis (okay, das war ein Scherz) & Co. bringen uns über unzählige Kilometer hinweg ganz nah, zeigen uns manchmal zu viel Privates oder offenbaren die penetrante Kreativität (bzw. Firmenloyalität) in der Auswahl des Hintergrundbildes. In jedem Fall ist es elementar wichtig: Auch wenn der eine oder andere Konferenz-Teilnehmer offensichtlich mit etwas anderem beschäftigt ist, sind wir alle supergut drauf!

Das wiederum sind tatsächlich meine Söhne beim Video-Home-Schooling: Dank Datenschutz bleibt der Bildschirm dunkel und dürfen die Eltern nicht ins Zimmer, was – wen wundert´s – dazu genutzt wird, die Klassengemeinschaft zu pflegen, indem man sich parallel zum Unterricht via Smartphone über die Lehrer lustig macht – oder gemeinsam in irgendeinem Spiel eine Horde hässlicher Monster meuchelt.

Der schlechte Melder is calling

Der Lockdown verlangsamt das Leben und verringert den Stress? Stimmt in meinem Falle nicht, denn ich habe den E-Mail-Wind gesät und den Kommunikationssturm geerntet. Es begann damit, dass ich nichts Besseres zu tun hatte und in einer ersten Welle zwanzig vernachlässigte (mein bester Freund nennt mich anklagend einen „schlechten Melder“) Kontakte anschrieb, um mich zu erkundigen, wie es ihnen gehe. Und weil ich mich dabei so unglaublich sozial & empathisch fühlte, erhielten gleich darauf zwanzig weitere Freunde und Bekannte eine E-Mail, die Interesse zeigen sollte.

Noch bevor ich allerdings weitere 20 Kontakte aus meiner Outlook-Adressliste zusammensuchen konnte, machte es zum ersten Mal „PLING“ (der Ton, wenn eine Nachricht eingeht) und dann nochmal und dann nochmal … innerhalb von zehn Minuten zwölf Mal, was aber noch lange kein Ende bedeutete. Leute, die normalerweise nie bzw. sehr, sehr spät antworten, retournierten umgehend meine Frage – selbst Hartmut, eigentlich viel beschäftigt und selten zu mehr als drei Worten in der E-Mail bereit, schickte mir einen Aufsatz über sein aktuelles Leben.

Ganz zu schweigen von Evi, Klaus, Markus, Michael, Linda und den vielen anderen, die sich in ellenlangen Ausführungen darüber freuten, dass ich mich gemeldet und damit etwas Abwechslung in ihren Alltag gebracht hatte. An einem Tag 30 Antworten auf 40 E-Mails, diese Quote sollte stolz machen, lässt mich aber den restlichen zehn gegenüber sehr dankbar werden.

Weil ich nämlich ein höflicher Mensch bin und weil ich schließlich mit dem „Sich melden“-Blödsinn angefangen habe, lasse ich keine Antwort unbeantwortet, was die Kommunikationsspirale rasant nach oben dreht. Zugegeben, pro Runde geben zwei bis drei Kontakte auf, aber auch vor diesem Hintergrund ergeben die ersten Hochrechnungen, dass ich noch monatelang tagaus tagein mit dem Verfassen von E-Mails beschäftig sein werde….

…. weil ich aber eh nicht raus darf, werde ich heute noch zusätzlich Werner, Silke und Hans anschreiben. Bei denen habe ich mich auch schon lange nicht mehr gemeldet.

Bild von febrian eka saputra auf Pixabay

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