Weihnachtsbrief 2013

Ich mag Geschichten. Schon als kleines Kind liebte ich es, wenn meine Großeltern von früher erzählten – nein, nicht vom Krieg, sondern von Kindheitserlebnissen und wie man in der Familie feierte.

Und wie schön Weihnachten war. Die Geschichten waren immer milde gestimmt. Jede ein kleines „Paradies“, das in die Gegenwart gerettet wurde.

Ob die Geschichten bis ins kleinste Detail wahr waren? Ich glaube nicht. Es ist mir dies überhaupt egal, wenn die Geschichte mich zum Lachen bringt oder mein Herz wärmt.

Träume nicht dein Leben, sondern lebe deine Träume. Ich habe das Gefühl, ich bin diesem Satz im vergangenen Jahr ungewohnt oft begegnet. Vielleicht lese ich auch nur zu häufig Fragebögen, in denen zum Lebens-Motto genötigt wird. So oder so frage ich mich: Was ist, wenn ich gerne träume? Wenn ich so große Träume habe, die gar nicht zu leben sind? Und wenn ich darüber gar nicht unglücklich bin?

Ich habe einige Träumer kennen gelernt. Die meisten waren mir sehr sympathisch. Und alle mochten schöne Geschichten, viele konnten sie gut erzählen. Es tut wohl, gemeinsam zu sitzen und Geschichten zu lauschen, zuzuhören, zu lächeln, zu verstehen – und zu träumen.

Es freut mich, dass meine Söhne abends (noch!) ohne großes Murren den Fernseher ausschalten und KIKA gegen eine Geschichte eintauschen, die ihr Vater vorliest. Das mache ich angeblich ganz gut, Gute-Nacht-Lieder vorsingen darf ich dagegen nicht. „Das kann Mama viel, viel besser“, johlt das undankbare und freche Doppel-Pack.

Eine andere Art von Geschichten: Wenn bei uns in der Familie am Tisch gespielt wird, bekämpfen sich meine Frau und ich IMMER bis aufs Messer. Ob „Siedler von Catan“, „Risiko“ oder „Kakerlakak“ – während Susanne zur gnadenlosen Amazone mutiert, sehe ich mich gerne als wackeren Ritter oder mächtigen Zauberer. Dass unser großer Sohn ein berühmter Magier werden will und unser kleiner Sohn Merlin heißt, hat damit nichts zu tun. Oder doch?

Jedenfalls haben unsere Jungs ihre helle Freude an diesen elterlichen Duellen – und wir hoffen, dass sie dabei vielleicht auch lernen, mit Anstand zu verlieren.

Ich mag Leute, die Geschichten erzählen und das auch zugeben. Schwierigkeiten habe ich dagegen mit Moralisten, die eine Wahrheit gepachtet haben. Es ist ein Anspruch, der mir unsympathisch ist, zumal die Erfahrung zeigt, dass eine Wahrheit nicht selten auf mehreren Lügen aufgebaut ist.

Dann doch lieber Geschichten. Gerne mit den nötigen Übertreibungen, gerne mit einer kunstvollen Ausschmückung, die vielleicht sogar viel mehr Wahrheit ist als blanke Zahlentreue. Und was ich besonders mag: Bei guten Geschichten ist oft ein Augenzwinkern inklusive.

Ich habe 2013 wieder einige gute Geschichtenerzähler getroffen. Über jeden bin ich dankbar. Es sind übrigens kaum jene, die den Begriff „kreativ“ auf ihrem Panier stolz vor sich hertragen. Es sind vielmehr die, die mit leuchtenden Augen erzählen, dass sie heuer zum 50sten Mal „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ anschauen. Und die Tränen in den Augen haben, wenn sie fehlerfrei von „Sissi“ Teil 3 die Schlussszene rezitieren können.

Einer der größten Träume, den wir haben, ist Weihnachten. Ich weiß nicht, ob er wahr ist. Aber das ist mir auch egal, denn er wärmt mein Herz.

Ich wünsche Euch allen ein gesegnetes Fest und ein wunderbares 2014 mit vielen schönen Geschichten!

Bernhard

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