Über das langsame Kompostieren im Homeoffice

Allein, allein, ich bin allein. So ungeheuer allein. Heute in aller Früh rief ich noch „Ich will raus, endlich raus!“, wenige Stunden später denke ich mir: „Dazu müsste ich aber aufstehen und mich anziehen“. Zwei gute Gegenargumente, wie ich gerade finde – und während ich träge auf das nächste virtuelle Meeting via Teams warte. Oder war es via Zoom?

Man verliert leicht den Überblick, denn mittlerweile gibt es einfach zu viele Systeme für Videokonferenzen. Allen gemein ist, dass sie in Pandemie- und Lockdown-Zeiten das Homeoffice überflutet haben. Wer in der digitalen Steinzeit vor der Meeting-Pest seiner Firma ins heimische Büro flüchtete, um dort endlich ungestört arbeiten zu können, sieht seinen Terminkalender vollgestopft mit Video-Calls, Webinaren, Skype-Sitzungen, WhatsApp- und … aber das ist ein anderes Thema.

Man richtet sich im Homeoffice gerne gemütlich ein. Gut, wenn man dazu ein eigenes Büro hat, ebenso die Ehefrau einen Raum für ihr Homeoffice und die Kinder in ihren Zimmern ausgestattete Bildschirmarbeitsplätze. Wenn ich richtig zähle, befinden sich in unserem Haus aktuell vier Menschen im Homeoffice – strikt voneinander getrennt, weil dies bereits der Datenschutz fordert. Was heißt: Ich traue mich nicht in die Zimmer der Jungs, wenn sie Online-Unterricht haben, im Gegenzug platzen sie nicht in mein Büro – abgesehen davon, dass es sie wenig interessiert, was ich den ganzen Tag so treibe.

Mutter, Vater und Söhne. Neben den drei Mahlzeiten des Tages, an denen mindestens zwei bis drei teilnehmen sollten (einer hat immer gerade eine Videokonferenz), und hin und wieder abendlichen Netflix-Sessions (wenn wir uns auf eine Serie einigen können) verbindet uns mehr, als wir vielleicht ahnen: Wir tragen alle Jogginghosen und bequeme T-Shirts, unsere Füße stecken in kuscheligen Hausschuhen und wir könnten mittlerweile alle unsere Haare zu Pferdeschwänzen binden.

Das Leben im Homeoffice ist die Entscheidung zwischen zwei Extremen: Entweder stählt man seinen Körper und die Gesundheit mit einem ausgewogenen Ernährungsprogramm, regelmäßigen Kosmetik-Kuren und einem ausgeklügelten Trainingsplan, oder man beschreitet den verlockenden Pfad bis zur absoluten Bewegungslosigkeit. Nur unterbrochen vom Griff in die Schublade mit den Snacks, dem Suchen im Kühlschrank nach Essbarem und dem Gang zur Tür, wenn der Pizzaservice zweimal klingelt.

Ohne Außentermine und direkten Kontakt zu Kunden oder Kollegen setzt für Menschen wie mich (und wir sind nicht wenige, wovon die Video-Calls ein beredtes Zeugnis ablegen) unweigerlich die Verwahrlosung ein und man nähert sich unaufhaltsam dem fortgeschrittenen Reifegrad der Kompostierung. Ganz ehrlich, mir ginge es dabei nicht unbedingt schlecht.

Leider ist das Gegenteil der Fall und belästigen die Kunden bzw. der Arbeitgeber mit fortwährenden Aufträgen und Jobs, von denen nicht wenige sehr unangenehm und anstrengend sind. Und dann werden Erinnerungen an Schul- und Studentenzeiten wach, die geprägt waren von sogenannten Übersprunghandlungen, die vor allem einen Sinn hatten: uns am Arbeiten zu hindern.

Diesen Reflex gibt es heute immer noch, nur wird er ergänzt von der liebreizenden Ehefrau, die den im Homeoffice befindlichen Gatten mit einer langen To Do-Liste versorgt. Während man also – quasi nebenbei und ungewollt – Zeuge der lautstarken Erziehung zweier halbstarker Söhne wird, werden die Zimmer frisch tapeziert, das neue Regal aufgebaut, zahllose Bilder auf- und umgehängt & alles, was locker und undicht ist, nach Jahren endlich repariert.

Und weil keine Frau dabei zusehen kann, wie der Liebste kompostiert, findet jener nur Rohkost, Naturjoghurt und Wasser im Kühlschrank – und wünscht sich sehnlichst, wieder in die Firma, zu geregelten Pausen und Kantinenessen zu dürfen.

WICHTIGER HINWEIS für alle, die meine Familie und mich persönlich kennen: Der vorliegende Text ist eine Glosse (Ironie on!!!) und beinhaltet viele Übertreibungen, eine Menge Zusammengeklaubtes (ich schaue gerne) – und nur wenige Tatsachen.

Bild von Alexandra_Koch auf Pixabay

 

 

 

 

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