Ich muss heute von Baumärkten berichten.
Was den Damen das Schuhgeschäft, ist den Herren der Baumarkt. Der aufmerksame Beobachter erkennt hier zwei großartige Liebesgeschichten, die beide sich durch einen dramatischen Spannungsbogen auszeichnen, ansonsten aber verschiedener nicht sein können.
Der entscheidende Unterschied liegt in der Rollenverteilung: Im Schuhgeschäft sind die Damen die Täter, die mit Inbrunst die abgehetzten Verkäuferinnen über Stunden hinweg um neue Modelle in neuen Größen laufen lassen – im Baumarkt dagegen sind die Herren die Opfer.
Von der weiblichen Schuh-Psyche verstehe ich wenig (Zwischenfragen: Welcher Mann tut dies überhaupt? Und wenn er es tut, ist er dann noch ein Mann?), weshalb ich mich auf die Baumärkte konzentrieren will.
Eigentlich ist es völlig nebensächlich, weshalb man einen Baumarkt aufsucht. Ob Bretter oder Bohrmaschinen, ob Schrauben oder Waschbecken – unvermittelt findet man sich als moderner Mann ohne handwerklicher Elite-Ausbildung in einer unerträglichen Konkurrenzsituation: Umzingelt von Heimwerker-Experten, allesamt bereits zum selbst gebauten Heim gelangt, steht man ratlos vor den überdimensionalen Hochregalen und staunt ratlos über die Vielfalt des Angebotes.
Nur ein kurzer Exkurs: Es gibt nur einen Ort im Baumarkt, wo alle Männer gleich sind. Und zwar sind sie alle gleich Kind, wenn sie auf der Freifläche den Rasentraktor respektive Aufsitzmäher ehrfürchtig streicheln. Mag zu Hause auch ein Porsche stehen, es ist der Traum aller Männer, mit 17,5 PS und 4 Stundenkilometer einen großen Rasen zu mähen.
Aber zurück zum Hochregal – und zum Beispiel zum Akku-Schrauber, den man kaufen will: Während die Spezialisten (meist im Rentenalter) nebenan über Leistung, Volt und Drehmoment der verschiedenen Geräte diskutieren, vertuscht ein Laie wie ich seine Unkenntnis mit dem Studium der Texte auf den Verpackungen. Schlauer wird man dadurch nicht, einfach den Nebenmann fragen kommt nicht in Frage – man besitzt ja noch ein Mindestmaß an männlicher Ehre.
Nachdem ich also alle Verpackungen mehrmals in Händen gehalten und kundig gedreht und studiert habe, erscheint mir als einzige Lösung für mein Problem die Nachfrage bei dem – laut Werbung – kundigen und freundlichen Personal.
Und da begegne ich einem besonderen Phänomen, wie es zu jeder Zeit in allen Baumärkten in jedem Land zu beobachten ist: Die Verkäufer treten nur in Gruppen auf; wie ein Wasserbüffelrudel haben sie sich in Kreisform aufgestellt um Feinden, sprich Kunden, wehrhaft zu begegnen.
Mit dem Mut ist es aber soweit nicht her. Denn sobald ich mich der Gruppe nähere, offensichtlich mit fragendem Blick; wenn ich also die Flucht-Distanz des Rudels überschreite, zerspringt es in unvorstellbarer Schnelligkeit.
Gerade waren sie noch da, die Verkäufer, jetzt sind sie weg.
Aber wohin sind sie gelaufen? Ich schwöre, ich habe schon oft die Verfolgung aufgenommen, doch niemals war sie von Erfolg gekrönt. Kaufe ich eben den erstbesten Akku-Schrauber, der zu teuer ist. Aber egal, beim zweiten Schraub-Einsatz ist er kaputt — und ich wieder im Baumarkt.
Frauen als Täterinnen im Schuhgeschäft? Das kann auch nur von einem Mann kommen 😉 Zum Thema Opfer im Baumarkt: Ich hab meinen an und für sich sehr friedfertigen und eher gemütlichen Schwager im Baumarkt einmal erlebt, als nicht SOFORT ein Verkäufer zur Stelle war. Was soll ich sagen, ich hab meine Schwester am Arm in eine andere Abteilung gezogen und sie hat dabei gemurmelt: „ich kenne diesen Mann nicht“. Nachdem wir drei den Baumarkt wieder verlassen hatten, wurde aus der Hyäne wieder der nette Kerl, den meine Schwester geheiratet hatte.
Ja, liebe Stephanie, Baumärkte sind der Ort, an dem Männer …. 😉 LG Bernhard