Eine sehr kurze Geschichte: Die „Mag ich nicht“-Bande

Sophie mag keinen Sport und trifft auf Lene, die ihre Flöte hasst. Paul ekelt sich vor Tomaten und Lukas hat gar keine Lust zum Lesen. Tom mag keine Fahrradtouren und Lucy verabscheut die Kleidchen, die sie anziehen soll. Und alle zusammen werden dafür jeden Tag von ihren Eltern geschimpft.

Lucy, Tom, Lukas, Paul, Lene und Sophie sind Freunde. Sie wohnen nicht nur in der gleichen Straße, sie gehen auch allesamt in die Klasse 3b der Grundschule. Als sie sich an einem sonnigen Tag zum Spielen in dem kleinen Wäldchen ganz in der Nähe treffen, sind sie alle kurz vorher von ihren Eltern geschimpft worden. „Ich habe eine Idee“, ruft Paul: „Wir bauen uns ein „Ich mag nicht“-Baumhaus. In dem sind wir dann vor unseren Eltern sicher und werden nicht geschimpft.“

In den folgenden Tagen holen sie Holz und Werkzeug zusammen, bitten ihre älteren Schwestern und Brüder um Hilfe – und haben bereits nach einer Woche ihr „Ich mag nicht“-Baumhaus. Und genau das pinseln sie in riesengroßen Buchstaben in die Hüttenwand.

Natürlich sind auch die Eltern neugierig geworden. Sie treffen sich am Fuße des großen Baumes und rufen die Kinder, um zu erfahren, was das soll. Die erklären auch, dass dies das neue Zuhause für alle ist, die etwas nicht mögen. „Und was macht ihr dann dort oben im Baumhaus?“, fragen die Eltern, „Bekommt ihr hier Hilfe und Rat? Passt Ihr gegenseitig auf euch auf, dass ihr euch nicht schmutzig macht und die Haare gekämmt sind? Gebt ihr euch Tipps, wie ihr es anstellt, etwas zu mögen? Bastelt ihr Gutscheine für Dinge, die ihr mögt? Oder tauscht ihr sogar eure „Ich mag nicht“-Sachen untereinander aus?“

Nichts von alledem stimmte. „Nein“, sagte Lene, „wir spielen hier einfach nur. Und wir sagen, wenn wir etwas nicht mögen. Und zwar ohne, dass uns jemand schimpft. Wir haben nämlich beschlossen: Es ist absolut okay, etwas nicht zu mögen und es so zu lassen.“

Und Lukas setzt noch eins drauf: „Das sind einzig eure Eltern-Sachen, ihre Kinder vom „Ich mag nicht“ zum „Ich mag doch“ erziehen zu wollen. Uns reicht es aber zu wissen, dass andere Kinder auch Dinge nicht mögen und jeder von uns nur eines von unendlich vielen „Ich mag nicht“-Kindern ist. Und wir glauben, dass auch die allermeisten Erwachsenen gerne viel öfter „Ich mag nicht“ sagen würden.“

Ob die Erwachsenen „Ich mag nicht“ akzeptieren oder sogar verstehen werden? Wahrscheinlich nicht. Aber vielleicht sollten sie einfach nur jeden Tag zu den Kindern in das Baumhaus kommen…..

Bild von Karsten Paulick auf Pixabay

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