Das kleine, gemeine Plastikarmband im Pauschalurlaub

Im Club-Urlaub und mittlerweile auch auf 4 Sterne Campingplätzen an Italiens Küsten erhält man zu Beginn der hoffentlich erholsamen & vergnüglichen Tage das unvermeidliche Plastik-Armband. Wo käme man auch hin, wenn jeder dahergelaufene Tourist oder Einheimische sich an den von anderen bezahlten Annehmlichkeiten erfreuen dürfte?

Es versteht sich deshalb von selbst, dass die genannten Armbändern, ohne Ausnahme grell-bunt und deshalb gut sichtbar, nicht einfach abgemacht werden können und erst nach zwei Wochen All Inclusive die Schere das Ende des Urlaubs markiert. So weit, so gut, wenn ich nicht regelmäßig dieses Armband beim Anlegen viel zu eng festzurre – aus Angst, ich könnte es zum Beispiel beim Schwimmen verlieren. Das Dumme dabei: Es gibt keinen Spielraum, kein Mindestmaß an Korrekturmöglichkeit. Einmal arretiert, bleibt das Armband genau so, wie es ist.

Das führte in der Vergangenheit wiederholt dazu, dass ich peinlich berührt und ohne Blutzufuhr in der linken Hand an der Rezeption um ein neues Armband bitten musste. Und ja, es gab Urlaube, in denen mir dieser sonnenbeschienene „Gang nach Canossa“ auch zwei-, drei und als Rekord viermal nicht erspart blieb. Letzteres auf dem Campingplatz „Union Lido“ an der italienischen Adria, beschreibt allerdings keinen Erfolg im vierte Anlauf, sondern den zermürbten Verfasser dieser Zeilen, der den Rest seines Urlaubs damit beschäftig war, sein viel zu locker angelegtes Plastikarmband nicht zu verlieren.

In bestimmten Hotels sind Plastikarmbänder auch Insignien des jeweiligen Reichtums bzw. geben wenig dezent darüber Auskunft, wie viel Geld der Urlauber bereit war für die schönste Zeit des Jahres auszugeben. Ein golden glänzendes Armband ermöglicht zum Beispiel den Zugang zu Luxus-Sauna, täglicher Massage und hochpreisigen Marken-Spirituosen, das violette Band beinhaltet zumindest eine wöchentliche Nacken-Massage, den Besuch des Hallenbads außerhalb der Familien-Rush-Our und einheimischen Schnaps. Das grüne Band schließlich verkündet den eingeschlagenen Sparkurs, dessen „Inklusive“ sich auf Frühstück und zwei warme Mahlzeiten vom abgespeckten Buffet konzentriert. Selbstverständlich wird dieser Urlauber vollmundig behaupten, dass er, wann immer er wolle, einfach ein „Exklusives“ dazu nimmt … allein, er macht es nie.

Wenn schon ein Plastik-Armband so viel über mich und die anderen verrät, wenn es verwehrt und ermöglicht, wenn es also bestimmt, welchen Urlaub ich letztlich erlebe, hätte ich eine Idee: Warum nicht das Plastik-Armband durch eine implantierte Chipkarte ersetzen. Die Medizin ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass dies mit einem kleinen Eingriff schnell erledigt wäre … und die Vorteile wären immens…

… Zutritt überall dort, wofür ich auch bezahlt habe. Keine Liege mehr mit Badetuch frühmorgens belegen, sondern bequem elektronisch reservieren. Die Ordnung am Buffet digital festlegen und organisieren. Singles mit gleichen Interessen unkompliziert verbandeln. Und und und …. die Möglichkeiten wären nahezu unbegrenzt – und auf Wunsch bzw. Bedarf auch über die Urlaubszeit hinaus zu verlängern.

Na, dämmert es? Das Plastikarmband war der Einstieg in John Orwells „1984“.

Twitter
Visit Us

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back to Top
Twitter
Visit Us