Wie geht´s?

Zu den Stereotypen moderner Kommunikation gehört das gedankenlos hingeworfene „Wie geht´s?“, sobald ein Mensch den anderen trifft. Ich behaupte jetzt einfach mal, dass hinter dieser Frage nur selten echtes Interesse am Befinden des anderen steckt, entsprechend wenig einfallsreich und überraschend ist in der Regel die Antwort darauf. Ein „Gut.“, wahlweise ein „Passt schon.“ oder das von mir gerne verwendete „Man kämpft sich durch.“ zeugen davon, dass man sich bewusst ist, dass der Fragende meist nichts wissen will … aber eine Menge selbst zu erzählen hat.

Es ist ein stillschweigendes Abkommen, mit dem alle leben können. Auch weil jeder mal drankommt und es egal ist, was der andere erzählt, da man eh nicht zuhört. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mir geht es heute um das „Wie geht´s?“, welches fester Bestandteil unseres Lebens ist und sich doch kaum einer Gedanken darüber macht. Es ist da, aber man nimmt es nicht wirklich wahr, geschweige denn ernst … das wiederum scheint etwas für uns Menschen Typisches zu sein.

Einmal allerdings traf ich eine Bekannte, eine zugegebenermaßen anstrengende Person, die mir auf mein lapidares „Wie geht´s?“ ein hysterisches „Willst du das wirklich wissen?“ entgegenschleuderte, dem auf offener Straße ein ausführlicher Bericht über ihr wenig erfreuliches Leben folgte. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass daran andere die Schuld trugen, ich war so oder so sehr überfordert.

Wie überhaupt man sich genau überlegen sollte, Hypochonder, Berufsjammerlappen, Energieräuber und selbsternannte Opfer zu fragen, wie es ihnen geht. Außer freilich, man hat viel Zeit und ein paar Bachblüten dabei.

Es ist wenig gescheit, dass ich über „Wie geht´s?“ nachdenke. Damit habe ich mir nämlich das „Gut.“ ebenso verleidet wie das „Man kämpft sich durch.“. Schließlich will man, will ich, nicht ohne Not langweilig und vorhersehbar sein.

Was aber noch wichtiger ist: Da mich meist die bereits angeführten Elogen des Fragenden nicht interessieren (wenn ja, dann frage ich schon selbst), sollte meine Antwort zur Sprachlosigkeit des anderen führen, so dass ich lächelnd und ohne schlechtes Gewissen meines Weges weiterziehen kann.

Meine ersten Ideen dazu. Ich antworte auf „Wie geht´s“ je nach Situation mit:

  • „Wie soll es mir schon gehen angesichts von Klimawandel, Krieg, Inflation und unsicherer Renten? Beschissen natürlich.“
  • „Ich bin ziemlich beunruhigt: Ich habe da einen ekligen Abszess und daneben ein Furunkel (zwei wirklich eklige Wörter) am Hintern, die sehr weh tun und immer größer werden. Wollen Sie mal sehen?“
  • „Mich plagen heute sehr üble Blähungen. Und wenn ich üble sage, dann meine ich übel. Wollen wir einen Kaffee trinken gehen? Ich kenne da ein kleines Cafe´.“
  • „Schön, dass wir uns endlich treffen. Ich habe nämlich meinen Job gewechselt und bin jetzt Versicherungsmakler. Apropos Versicherung…“

Ich bin mir sehr sicher, dass ich damit Gespräch schon im Keim ersticke. Aber es muss nicht immer negativ sein:

  • „Klasse, aber etwas müde! Ich hatte gestern Nacht fantastischen Sex und bin immer noch schwach auf den Beinen. Aber keine Sorge: Heute Abend bin ich wieder fit.“
  • „Ist das Leben nicht schön?! Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, wollen wir gemeinsam Waldbaden gehen?“
  • „Schön, dass wir uns endlich treffen. Ich habe nämlich meinen Job gewechselt und bin jetzt Psychotherapeut. Apropos Psychotherapie …. wie geht es eigentlich Ihnen so?

Ich weiß, die letzte Idee ist gefährlich, denn wenn man auf den Falschen trifft, sollte man sich für die folgenden Stunden nichts vornehmen. Allerdings können Sie sich das Gespräch jetzt bezahlen lassen…

Bild von Leopictures auf Pixabay

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