Pfützen.

Meine Mama erzählte früher gerne die Geschichte, dass ihr kleiner Sohn auf Spaziergängen wohl keine Pfütze ausließ, in die er hinein fiel. Und während er dann, nass und schmutzig, so da saß und auf das Donnerwetter der Erwachsenen wartete, grinste er.

Da ich keinen Bruder habe, war der Sohn natürlich ich – das Thema „Pfütze“ sollte mich viele Jahre später noch einmal einholen: Während der Ferienarbeit im örtlichen Zementwerk, durfte ich als Gärtner-Helfer mit einem kleinen Traktor Grünzeugs in den Steinbruch bringen. Und dort gab es – natürlich – eine riesige Pfütze. Jedes Mal, wenn ich mit dem Traktor an der Pfütze vorbeifuhr, wurde die Verlockung größer und ich beschloss, bei der letzten Fuhre richtig Gas zu geben und mit Karacho durch die Pfütze zu pflüge, selbst wenn ich dabei nass würde.

Was ich nicht bedacht hatte: In einem Steinbruch sind die Radlader, Kräne und Lkw viel größer als anderswo, was natürlich auch Auswirkung auf die Tiefe von Pfützen hat. Ich jedenfalls tuckerte nach getanem Tageswerk los, die Pfütze im Visier, in freudiger Erregung, wie ich das Nass vor mir wie im Alten Testament Moses teilen würde. Ich sah mich als Klein-Traktor-Nicki-Lauda und Gärtnerhelfer-Walter-Röhrl, denen kein Hindernis zu schwierig ist.

Nun, dass die Pfütze als Herausforderung zu schwierig war, kann man so nicht sagen. Sie war vielmehr … ZU TIEF. Ich kam genau zwei Meter weit und versank bis zur Brust in dem abgestandenen Wasser, das logischerweise auch weit über die Kühlerhaube des Traktors reichte. Natürlich starb der Motor ab und ging gar nichts mehr. Nass und verdreckt lief ich in die Gärtnerei, wo mich der Vorarbeiter mit den Worten „Wie siehst du denn aus, Bernhard?“ empfing. Noch Jahre nach diesem Malheur fiel im Zementwerk automatisch mein Name, wenn von Pfützen die Rede war.

Den dilettierenden Hobby-Philosophen in mir reizt die Verlockung, eine Pfütze als „Sinnbild“ des Lebens zu interpretieren. Einen inneren Sinn darin zu sehen, dass manche Pfützen auch Tage nach dem Beginn der Dürre nicht austrocknen, dass sich reichlich kleine Viecher in diesen „Ur-Suppen“ tummeln, dass ihre Größe und ihre Form …. es ist freilich ein rechter Unsinn, eine Pfütze als etwas anderes zu nehmen als die Dreckbrühe, die sie ist.

Außer, dass wir – sofern wir lieber in die Luft statt auf den Boden vor uns schauen – hin und wieder in eine hineintreten oder gar hineinfallen. Dann zwingt uns die Pfütze zur Leidensfähigkeit, denn oft ist der Weg nach Hause lang und können nasse Schuhe und Strümpfe einfach ekelhaft sein.

Als jemand, der immer wieder in dreckigen Pfützen sitzt, weiß ich: Es hilft zu grinsen.

Bild von Pexels auf Pixabay

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