Im Strudel der Werbemittel

Das Leben ist eigentlich verwirrend genug, doch das leidige Hin und Her von Angebot und Nachfrage macht vor keiner dunklen Ecke des Alltags halt und produziert quasi vom Fließband noch vor der Nachfrage ein Angebot, das vor allem eines tut: Es verstört und …

…es macht gierig. Und zwar so richtig.

Und während Sie diese Zeilen lesen, halten Sie wahrscheinlich einen geschenkten Kugelschreiber in der Hand, trinken aus einem geschenkten Kaffeebecher, schieben die Computer-Maus auf einem geschenkten Mouse-Pad und naschen an Gummibärchen, selbstverständlich ebenfalls geschenkt. Die geschenkte Kerze am Fensterbrett haben Sie mit geschenktem Feuerzeug oder geschenkten Streichhölzern angezündet. Und wenn sie ihn vergessen haben sollten, hängt noch das geschenkte Schlüsselband um ihren Hals.

Den Ursprung aller Werbemittel, und um die geht es in den folgenden Betrachtungen, ist in der zutiefst menschlichen Eigenart und im so häufigen, so genannten „Freibiergesicht“ zu finden. Wenn es etwas kostenlos gibt, ist das Begehren übermächtig.

T-Shirts, Nähgarn, Krawatten, USB-Sticks, Nüsschen, Pflaster-Sets, Trinkflaschen, Anti-Stressbälle, Maßband, Taschenlampe, Flaschenöffner und viele Kugelschreiber – es gibt nichts, was nicht zum Werbemittel taugt.

Werbemittel bringen Farbe ins Leben, denn: Werbemittel sind bunt, sie müssen nämlich auffallen. Dazu gehören ansprechender Schriftzug, ein hübsches Logo (natürlich alles im Corporate Design) und, wenn Platz ist, noch ein hübsches Bild. Je mehr das Design dem gängigen Zeitgeist entspricht (und vielleicht nebenbei auch höhere Werthaftigkeit markiert), desto größer sind die Aufmerksamkeit – und logischerweise die Verbreitung.

Beobachtung am Rande: Auf ein Werbemittel wartet man vergeblich bei bekannt knausrigen Branchen wie Ärzten und Lehrern.

Besonders originell wird es im Wahlkampf, wenn die Parteien tief in die Ideenkiste der Werbemittel greifen. Denn abgesehen von den obligatorischen Kugelschreibern und Feuerzeugen sind nun Präsente mit maximaler Aussagekraft gefragt. Da mutiert der Paprika-Samen zum Garanten einer feurigen Politik und verspricht das frisch gezogene Veilchen für das richtig gesetzte Kreuzchen eine blühende Zukunft. Regenschirme beschützen vor dem Unheil anderer Parteien, Notizblöcke dienen zum Aufschreiben von Bürgeranliegen … und so weiter und so fort.

Man sollte bei Verwendung eines Werbemittels nur achtgeben, einem SPD-Abgeordneten nicht mit einem CDU-Feuerzeug die Zigarette anzuzünden oder aber in der DAK-Geschäftsstelle einen AOK-Notizblock aus der Tasche zu ziehen.

Ich mag Werbemittel. Aus dreierlei Gründen. Zuallererst verliere ich ständig Kugelschreiber und Feuerzeuge und da trifft es sich gut, dass der Nachschub gesichert ist. Zweitens bekomme ich Dinge (Stressball, Power-Bank, Trinkflasche etc.), die ich mir selbst nie kaufen würde, die mir aber Spaß machen.

Und schließlich sind meine Geschichten im Kleinen Krebs Verlag ja selbst als Werbemittel-Beiwerk im Einsatz. Meine Hoffnung: Je mehr sie verbreitet werden, desto bunter wird es.

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