Ich bin arrogant. Das sagen viele, die mich nicht kennen, und kritisieren nicht wenige, die mich kennen. Ich allerdings bin der festen Ăberzeugung, dass ich ein ausgesprochen netter und liebenswerter Mensch bin, der keiner Fliege was zuleide tun kann, und aus voller Inbrunst behauptet, sein gröĂter Wunsch sei, genau: Der Weltfrieden.
Wie kommtÂŽs? Warum werde ich missverstanden, weshalb scheint dies das traurig Los meines Daseins zu sein.
Wenn ich es mir leicht machen will, was ich gerne tue, mache ich diese komplette FehleinschÀtzung meiner Persönlichkeit an drei Beobachtungen fest:
- Ich besitze das, was man ein âgrantiges GrundgÂŽschauâ nennt. Je entspannter ich bin, desto furchterregender ist mein Blick, folgerichtig bin ich in persönlichen WohlfĂŒhl-Situationen hĂ€ufig sehr allein. Ich musste die 30 Lenze hinter mich lassen, um von einem freundlichen Bekannten zu erfahren, an was es liegt.
- Ich bin weniger der zierliche âIch-nehme-dich-in-den-Arm-weil-ich-dich-vor-der-bösen-Welt-beschĂŒtzen-mussâ-Typ, sondern Ă€hnle in meiner Statur eher einem massiven Klotz, vor dem man die gerade genannten kleinen MĂ€nner in Sicherheit bringen muss. Zusammen mit dem unter 1) genannten Blick fördert dies kaum Vertrauen und ein liebes Image. Im Gegenteil tut mein letztes Attribut ihr Ăbriges:
- Ich besitze eine sehr dunkle und dumpfe Stimme, die in Verbindung mit dem ausgeprĂ€gten OberpfĂ€lzer Dialekt nicht nur Worte kaum verstĂ€ndlich moduliert, sondern auch an das Grummeln eines wildgewordenen BĂ€ren erinnert â vor allem, wenn mich der âHeilige Zornâ ĂŒberkommt ⊠aber dazu NĂ€heres an spĂ€terer Stelle.
Ich bin also nicht unbedingt der geschmeidige Typ, will dies aber nicht ĂŒberstrapazieren, weil die âEcken und Kantenâ gerade von allerlei Menschen inflationĂ€r beansprucht werden. Dagegen steht zudem mein Wunsch, das âKuscheligeâ an und in mir an die Frau und an den Mann zu bringen.
Kann ein arroganter Mensch liebevoll und liebenswert (warum gibt es eigentlich nicht den Begriff âmögenswertâ, den ich in diesem Zusammenhang viel mehr mögen wĂŒrde?) sein. Erstes sicher, bei zweitem hege ich meine Zweifel.
Eine Beobachtung: Obwohl weise SprĂŒche, Coaches und Achtsamkeits-Kurse jeglicher Couleur Hochkonjunktur haben, hören immer weniger Menschen zu. Viel lieber reden sie nur noch ĂŒber sich selbst â und klagen darĂŒber, dass andere ihnen nicht zuhören. Aber wehe, man sagt ihnen das, dann ist man schnell arrogant. Um es hier nochmals klarzustellen: Ich habe zwar ein vorlautes Mundwerks, wĂŒrde aber nie (bzw. nur sehr selten, wenn ich mit VorwĂŒrfen konfrontiert werde) ungefragt Tipps geben oder RatschlĂ€ge erteilen.
Ich höre schlecht zu und halte, wenn ich direkt gefragt werde, zu selten mit meiner Meinung hinter dem Berg. Eigentlich wĂŒrde das schon reichen, um meine Arroganz zu untermauern. Ich setze aber gerne noch das wirklich Entscheidende oben auf: Meine UnabhĂ€ngigkeit, die mich misstrauisch gegen das kollektive âWirâ macht und mich â ohne jemanden zu fragen â Dinge jenseits von Konventionen tun lĂ€sst.
Eines habe ich in den vergangenen 40 Jahren gelernt: Sehr viele Menschen mögen es nicht, wenn ihre Meinung und ihr Rat nicht gefragt sind. Wenn sie Leuten wie mir begegnen, macht sie diese Ignoranz meist aggressiv. Man sollte sich dann keine Fehler erlauben, denn sie werden einem zwangslÀufig um die Ohren gehauen.
Das kann einen fertig machen. AuĂer man ist arrogant…?