Der Wahlerfolg? Eine Frage der Inkonsequenz!

„Das ist jemand, der hat Haltung und bleibt sich treu. Jemand, der nicht seine Meinung wie das Fähnchen im Wind dreht. Eine integre Persönlichkeit, die eine klare Linie nicht nur besitzt, sondern auch fährt.“ Rein theoretisch mag jeder solche Menschen, fordert sie nachgerade auf dem weiten Felde der Politik ein – aber nur so lange, wie es der eigenen Meinung entspricht. Und genau darin liegt ein Grund-Dilemma der Demokratie begründet. Denn die Chancen, mit solch einem vorbildlichen Charakter eine Wahl zu gewinnen, bewegen sich spätestens bei einer Wiederwahl gegen Null. Der Wähler ist sicher nicht dumm, aber meist egoistisch.

Solange man in der Opposition agiert, ist es einfacher, auf der Regierungsbank holt einen die Realität sehr schnell ein. Einerseits, andererseits ist man auf der einen wie auf der anderen Seite dem besonderen Grundprinzip demokratischen Handelns verpflichtet: Ist der eine dafür, ist der andere dagegen, ist die eine dagegen, ist die andere dafür.

Das wird besonders wichtig bei sich ändernden Koalitionen, wenn zum Beispiel eine FDP erst mit der CDU gegen die SPD harkte, und plötzlich mit den Grünen auf Jamaika kuschelt. Ohne Zweifel: Macht ist verführerischer als manch lockende Femme Fatal.

Zum Glück finden Politikerinnen und Politiker hüben wie drüben stets reichlich Argumente für ihr Tun. Und ist es immer wieder erstaunlich, wie porös das Gedächtnis in der Politik ist: Diejenigen zum Beispiel, die vor ihrer Wahl als „Ritter der Transparenz“ ihr scharfes Schwert zogen, verrammeln wenig später ihren Amtssitz zur uneinnehmbaren und vor allem undurchsichtigen Burg. Oder jene, die erst Bescheidenheit im Parlament anmahnen, um sich kurz darauf als Parlamentarier die eigenen Diäten zu erhöhen und eine Luxus-Karosse leisten. Sie haben es sich verdient, keine Frage.

Ebenso bezeichnend ist die inkonsequente Interpretation von Themen wie

  1. Sparsamkeit
  2. Zusammenarbeit

Genau, als Kommunalpolitiker (und Parteisoldat) neigt man zur Schizophrenie: Mit der gleichen Vehemenz nämlich, mit der man die Vergehen und die Inkompetenz von Landes-, Bundes- und Europapolitikern der anderen Partei angreift, mit dem gleichen wohlwollenden Verständnis findet man Entschuldigungen ähnlicher Beobachtungen in den eigenen Reihen. Das Seltsame daran: Es fehlt völlig an Selbstreflexion. Und ja, hüben wie drüben glaubt man es aus voller Überzeugung.

Die einzige Erklärung, die ich für mich persönlich zusammenschustere, stammt aus meiner Zeit als Redakteur bei einer Tageszeitung. Egal, ob man den Kommentar des Kollegen für gut oder schlecht empfand, nach außen hat man ihn immer bis aufs Messer verteidigt – im Bewusstsein, dass Uneinigkeit dem Gegner nur die Chance gegeben hätte unerbittlich zuzuschlagen.

Auf Fairness wartet man vergebens. Im Gegenteil ist jedes Eingeständnis eines Fehlers oder einer Fehleinschätzung – so lautstark man es immer fordert – nichts anderes als eine formidable Gelegenheit … für den anderen. Und der wird sie nutzen, sonst wäre er auch schön blöd, oder?

Bild von Stefan Schweihofer auf Pixabay

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