Wenn ich hin und wieder in München bin, muss ich sehr viel schauen und nachdenken.
U-Bahn-Beobachtung: Auf den braunen Fließen, die dem Bahnsteig sein Gewand geben, stolziert eine Frau vor mir Richtung Ausgang. Plötzlich verlangsamen sich ihre Schritte, ihre Richtung weicht unmerklich Richtung Gleise ab – und findet im Übersichtsspiegel am Tunneleingang ihr Ziel. Obwohl so viele Menschen hier, prüft sie nonchalant ihr Make–up. Die Souveränität eines Menschen, der die Umgebung zu missachten gelernt hat.
Wieder etwas gelernt und mir gezeigt, dass ich zuweilen doch recht naiv bin, oder wusstet Ihr, dass Hotels unaufgefordert ihren Gästen keine Fundstücke nachschicken geschweige sie daran erinnern? Nun, ist irgendwie auch verständlich, denn nicht jeder sagt seinem Partner, wo er gerade tatsächlich ist und mit wem er da ist….
Manche gehen zum Meditieren in eine Kirche oder einen Tempel. Manche brauchen dazu die Natur, andere eine weiche Matte. Ich bügle oder reche Laub.
Noch eine U-Bahn-Beobachtung: Jeden Morgen bewegt sich vor mir ein Pärchen strammen Schrittes zur U-Bahn. Der Mann größer, plumper, die Frau zierlicher, affektierter. Und wie sie so dahingehen, vergisst die Frau nicht eine stereotype, sehr vertraut wirkende Geste: Sie zupft automatisch nach Haaren und Flusen an der Backbordseite des Mannes. Nur manchmal weist ein leichtes Schütteln auf die Genervtheit des Mannes hin.
Ich mag Weihnachtsmärkte, weil sie die einzige Zeit sind, in der grundsätzlich dem Alkohol abgeneigte Frauen plötzlich leicht angeschickert sind. Ihr Lächeln und Lachen ist so wunderbar verschämt-unschuldig und strahlend. Ich danke dem Glühwein von Herzen.
Menschliche Annäherung in Deutschland. Ohne Zweifel stehen wir evolutionstechnisch noch am Anfang und befinden uns auf der Stufe der Wirbeltiere, die bestimmen Muster folgen: Suchen. Umkreisen. Umkreisen. Umkreisen. Blöd nur für viele, dass man beim ersten Umkreisen nachzudenken beginnt. Zweifel und offene Fragen verhindern den klärenden Kontakt.