Eltern auf dem Spielplatz

Ich wollte niemals über meine Kinder schreiben. Und zwar, weil es außer mich, mit Hormonen sattsam angereichert, niemanden interessiert. Nicht einmal meine Kinder, wenn sie alt genug sind. Und andere Eltern auch nicht. Selbst wenn sie Aufmerksamkeit heucheln sollten, dient dies nur dazu um schnellstmöglich vom eigenen Kind zu erzählen. 

Wer angesichts dieser harten Worte gerne als Menschen- und Kinderfreund auftreten möchte, der soll auf den nächsten Spielplatz gehen und lauschen, wenn sich zwei Mütter unterhalten. Das ist keine Kommunikation, das sind nur halbherzig versteckte Monologe, deren Dauer und Gültigkeit sich an der global herrschenden Mutter-Hierarchie orientieren. Was heißt: Je mehr eigene Kinder, desto mehr Mutter, desto umfassender und gesetzmäßiger das Statement.

Noch schlimmer als die Mütter sind jedoch die in unsäglichen Traditionen verhafteten Väter, deren prähistorisches Konkurrenz-Gen bei jeder Gelegenheit zum Tragen kommt: „Schneller, stärker, intelligenter – genau das ist mein Sohn.“ Mir sind solche Wettbewerbe zu mühsam und ich umgehe gerne solche Konfrontationen – nicht zuletzt deshalb, weil meine Söhne und ich das gar nicht nötig haben … bei ihren zweifellos überragenden Talenten, die übrigens auch unabhängige Instanzen wie die beiden Omas und Opas auf Anfrage gerne bestätigen.

Am allerschlimmsten aber sind die modernen Väter: Sie gehen mit ihren Kindern jeden Sonntag auf den Spielplatz. Im Bollerwagen haben sie Holzspielsachen dabei, außerdem Matschhose, Obst in kleinen Stückchen und Dinkelkekse, Sonnencreme und so viele Nachbarskinder, wie in den Wagen hinein passen, denn eine väterliche Aufgabe steht an vorderster Stelle: Kinder müssen soziales Verhalten lernen – und dafür braucht es eine Menge Kommunikation.

Wenn Sie jetzt nicht wissen, worauf ich hinaus will, dann nehmen Sie entweder Ihr eigenes oder ein beliebiges anderes Kind und gehen am Wochenende auf den Spielplatz! Es wird keine 5 Minuten dauern, da wird Ihrem Kind vom anderen Vater, der alle Kindernamen kennt, ein vom Obst verklebtes Holzspielzeug und Ihnen ein pädagogisch und ökologisch wertvolles Gespräch aufgedrängt, letzteres ausnahmslos bar jeglicher interessanten Information.

Während bei solchen Gelegenheiten meine Söhne nehmen, was sie bekommen, das andere Kind schreit und der andere Vater geduldig wiederholt zum „Teilen“ ermahnt, achte ich darauf, dass meine Jungs bei den folgenden Streitereien um fremdes Eigentum einen kompromisslosen Bodyguard (also mich) an ihrer Seite haben.

Ich rufe außerdem andere Kinder grundsätzlich nicht mit ihren Namen (die ich mir nicht merke), sondern nur „Du“ und lästere lauthals, wenn der andere Vater seine Erziehungsansprachen an die Kinder mit „Ich möchte…“ beginnt.

Am Abend werde ich dann von meiner Frau geschimpft, weil die Frau des anderen Mannes gepetzt hat. Mir egal, dafür bekommt mein Sohn morgen einen echten Fußball (den neunten). Und das nächste Mal zeige ich ihm, wie man aus einem Bollerwagen die Luft raus lässt.

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